Der Murmeltier-Flüsterer                           <- zurück

Vom Gipfel abwärts gehend, konnte man den gesamten Alpenraum überblicken. Ein unvergleichliches Panorama. Die Sonne stand hoch am Himmel, der mit seinem wunderschönen Blau mit ihr um die Wette strahlte.

Wir stapften glücklich über das wunderschöne Naturschauspiel den ausgetretenen leicht abfallenden Wanderpfad ein Stück weiter bergabwärts. Vor uns erstreckte sich eine grünbewachsene nicht enden wollende Alpenwiese mit ihren so typischen Gräser und Blumen, die der Höhenlage und der Jahreszeit entsprachen. Man konnte weit und breit nicht viel sehen, außer hie und da ein paar mehr oder weniger große Felsbrocken mitten im Grün und ganz weit weg sahen wir einen ganz kleinen Hügel, der aus Steinen zu bestehen schien. Zu diesem Zeitpunkt für uns nichts Aufregendes und so wanderten wir weiter. Je näher wir diesem Hügel aber kamen, umso mehr drängte sich der Verdacht auf, dass dieser nicht ohne Zutun eines Lebewesens so entstehen konnte. Und dann sahen wir sie. Ganz kleine Tierchen, die aufrecht auf der Oberfläche des Hügels standen, plötzlich verschwanden und an einem anderen Platz des Hügels wieder auftauchten. Jetzt war es für uns klar, das war eine Murmeltier-Behausung. Für uns eine unglaubliche Freude.

 

Zuerst beobachteten wir das ganze Geschehen von der Ferne und pirschten uns ganz langsam und leise an den Hügel heran. Immer abwartend, dass sich die Murmeltiere an unseren Anblick gewöhnen konnten. Wir ließen uns viel Zeit. Das hatte zur Folge, dass sich die Murmeltiere trotz unseres Näherkommens immer wieder aus dem Bau wagten, vorsichtig in die Luft schnupperten, uns beobachteten und schnell wieder in eines ihrer vielen Zugangslöchern verschwanden.

Wir konnten jetzt schon die erwachsenen und die noch jungen Murmeltiere gut erkennen. Die Ausgewachsenen waren besonders vorsichtig und ließen sich ab einer bestimmten Nähe von uns nicht mehr blicken. Die zwei kleinen Murmeltierchen waren aufgrund ihrer Neugier und ihrer noch geringen Lebenserfahrung schon etwas mutiger. Einer davon war ganz besonders neugierig. Er verschwand mit seinem Geschwisterchen in der sicheren Behausung und er war auch jener, der sich wieder als Erster herauswagte, uns im Auge behielt und in uns keine Gefahr erkennen konnte. Er wagte sich ganz selbstverständlich über den Steinhügel in unsere Richtung an das angrenzende Gras und zupfte an den Grashalmen. Er beobachtete UNS, wie wir IHN beobachteten, mit einer gewissen Spannung und Neugier, aber immer mit Respekt. Ich blieb dann zwei Meter neben dem Hügel stehen, mein damaliger Freund schritt ganz vorsichtig weiter an den Bau heran. Er begann leise mit dem kleinen Murmel zu sprechen und beugte sich ganz weit zum Bau hin. Dann streckte er eine Hand mit einem Pflanzenstängel, der vorne eine geschlossene Blüte hatte, in Richtung von Murmel (So nannten wir ihn dann im Nachhinein.) und wartete ab, während er sich weiter ganz leise mit ihm unterhielt. Ich konnte nicht hören, was er flüsterte, aber es zeigte seine Wirkung. Der kleine mutige Murmel schnupperte mit seinem Stupsnäschen in seine Richtung und kam ganz vorsichtig näher. Die Neugier war jetzt sehr groß. Es könnte ja sein, dass da etwas ganz Leckeres vor seiner Nase hing. Wir schauten ihm ganz fasziniert zu und getrauten uns fast nicht zu atmen, so kostbar war dieser kurze Moment.

 

Leider waren dann im Hintergrund, noch ganz weit weg, Stimmen von einer Wandergruppe zu hören, die den kleinen Murmel nun doch veranlassten, schnell im sicheren Bau zu verschwinden. Wir entfernten uns jetzt ganz rasch vom Murmeltier-Hügel, damit wir niemanden animierten, sich der Behausung zu nähern. Die Murmeltier-Familie sollte wieder ihre Ruhe haben.

Wir wanderten glücklich und dankbar über diese wunderschöne Erfahrung weiter! :)

 

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